Die Zeugin: Ohne Bewertung anwesend sein

Das ist (m)ein Monat! Meine zu meisternde Königsdisziplin: Ohne Bewertung anwesend sein.

Puh.

Ich hatte mich schon gefragt, warum ich in den letzten Tagen immer und immer wieder Gelegenheit bekommen habe, mich zurückzunehmen und an meine Essenz-Qualitäten erinnert werde.

Das sind unter anderem Frieden, Mitmenschlichkeit, Diplomatie, Natürlichkeit, Mitgefühl, Liebe und reines Sein. In diesen Zeiten kann das ein oder andere davon schon mal zu einer echten Herausforderung werden.

Denn im Moment könnte ich fast jeden Tag einen Post schreiben und mit „Was für eine ver-rückte Zeit!“ beginnen. Geht es Dir auch so? Also mit dem Gefühl, in ver-rückten Zeiten zu leben?

Jetzt leben wir seit gut einem Jahr (bewusst) mit Corinna und ich konnte damit – nach der anfänglichen Unsicherheit und Suche nach Wahrheit – gut umgehen. Im Moment fällt mir jedoch die Decke auf den Kopf. Ich habe Lust zu verreisen und würde auch einfach gerne mal wieder meine Eltern besuchen und auch meine Schwiegermutter, die in einem Pflegeheim lebt, in das man ohne vorherigen PCR-Test nicht mehr rein kommt und außerdem zu jeder Zeit eine FFP2 Maske zu tragen hat.

Ganz ehrlich: So richtig einfach wird einem die Mitmenschlichkeit da gerade nicht gemacht.

Okay, vielleicht übertreibe ich auch. Oder auch nicht. Das ist sowieso nur eine Frage des Standpunkts.

Doch ich muss mich jetzt jedes Mal fragen, was mir wichtiger ist: Die Liebe zu meiner Familie oder die Liebe zu mir selbst. Mich meinen Überzeugungen gemäß zu verhalten oder Menschlichkeit zuzulassen, auch wenn es nicht erlaubt ist.

Das kann es doch nicht sein!

Es fiel mir gestern wirklich schwer, mich meinem ständig plappernden Verstand zu entziehen und nur meinem Herzen zu folgen, weil mein Herz mir sagt: Sch… auf den Test! Mach ihn einfach und dann kannst Du Deine Schwiegermutter besuchen oder Deine Eltern – obwohl das so auch nicht stimmt, denn die Quarantäneregeln für aus der Schweiz nach Deutschland Einreisende sind deutlich und egal, ob positiv oder negativ: mindestens 5 Tage Quarantäne sind Pflicht – und solange wollte ich ja noch nicht einmal bleiben. Pffffh.

Dies wird also jetzt das zweite Ostern werden, das wir getrennt voneinander verbringen. Nach Weihnachten und dem 83. Geburtstag meines Vaters. Echt? Soll das jetzt so weitergehen, bis… ja, bis wann eigentlich? Grummel, grummel. Corinna wird sich nicht ausrotten lassen und eine gesellschaftliche Veränderung dauert.

Dann kommen noch die Ängste der Menschen dazu, die wir besuchen wollen oder die uns besuchen möchten. Du meine Güte: Es fällt mir echt schwer, Familienmitglieder nicht zu umarmen. Ja, ich respektiere ihre Ängste und bei unserem letzten Besuch haben wir zwar gemeinsam gespeist, uns aber beim Abschied nur zugewinkt.

DAS tut mir echt weh.

Und es widerspricht meiner tiefsten Essenz.

Es bedeutet für mich, meine Natürlichkeit nicht leben zu dürfen.

Es bedeutet, meinen Selbst-Ausdruck zu begrenzen.

Es bedeutet aber auch eine Übung in „den anderen so sein zu lassen, wie er ist“.

Denn wenn der andere nun mal Angst hat, sich durch eine Umarmung von mir etwas einzufangen, dann kann ich seine Angst nur da sein lassen. Auch, wenn ich sie als völlig haltlos betrachte. Eine Angst ist eine Angst. Und wenn dieser jemand etwas glaubt, an das ich nicht glaube, dann ist das so.

Ich betrachte es nicht als meine Aufgabe, den Verstand eines anderen von irgendetwas zu überzeugen. Ja, ich kann Hinweise geben, was ich auch manchmal tue, doch tue ich dies immer weniger.

Unser innerer Erklärbär

Im Grunde sind wir alle Sklaven einer inneren Stimme, die uns unablässig erklärt, was sie wahrnimmt. Sie erklärt uns, was wir sehen. Sie sagt, ob wir etwas gut oder blöd finden. Sie ermahnt uns. Sie spricht uns Mut zu. Sie bewertet alles und jeden inklusive uns selbst. Sie ist der Meinung, dass sie immer Recht hat und ist kaum eine Sekunde lang still.

Erst, wenn wir uns von dieser Stimme distanzieren und ihr zuhören können ohne ihr Glauben zu schenken, das heißt ohne uns mit ihr zu identifizieren, werden wir innerlich wirklich frei sein.

Momentan finde ich, dass das gar nicht so einfach ist. Kann aber auch nur ein Glaubenssatz sein 😉

Denn wenn wir aufhören, uns mit dieser inneren Stimme zu identifizieren (und damit meine ich nicht unsere Intuition), hört auch der Zwang auf, uns eine Meinung bilden zu müssen.

Wer sagt denn, dass wir eine Seite wählen müssen?

Mit wahlweiser Betonung auf EINE, WÄHLEN oder MÜSSEN.

Warum müssen wir denn FÜR oder GEGEN etwas sein?

Keiner zwingt uns, eine Seite zu wählen. Wir können das auch ganz pragmatisch angehen und uns je nach Lust und Laune entscheiden oder verhalten.

Ja, und trotzdem.

Trotzdem fällt es mir im Moment schwer, durch diese Zeit zu gehen. Ich sehe vieles, was für mich überhaupt keinen Sinn ergibt. Manches davon kann ich einfach anschauen und es zur Kenntnis nehmen. Bei anderen Dingen fällt mir das schwer.

Kognitive Dissonanz

Du kennst kennt sicherlich den Begriff der kognitiven Dissonanz. Ganz kurz und knackig bedeutet eine kognitive Dissonanz, dass zwei unterschiedliche Wahrnehmungen oder Sachverhalte in Dir miteinander konkurrieren.

Zum Beispiel, dass Du gerne rauchst und dass Rauchen Krebs erzeugt. Um diese beiden Sachverhalte (wenn du sie als wahr annimmst) in Übereinstimmung zu bringen, nimmst Du eine sogenannte Dissonanz-Reduktion vor: Du beruhigst Dich zum Beispiel mit einem Artikel, in dem eine 100jährige Raucherin portraitiert wird. Oder Du sagst Dir, dass die eine Zigarette pro Tag ja nicht so schlimm ist. Oder Du nimmst Dir vor, ab morgen aufzuhören und rauchst nur noch heute ein paar Abschiedszigaretten.

Du redest Dir also die Sachverhalte schön, sodass Du diese Dissonanz nicht mehr wahrnehmen musst. Das ist nicht schlimm. Das machen wir ständig. Wir suchen nach Bestätigung für das, an das wir glauben (wollen).

Was aber passiert jetzt bei Corinna?

Wir werden ständig mit neuen Fallzahlen, (vermeintlichen) Fakten und Bildern bombardiert, die entweder die eine oder die andere Meinung stützen. Der Großteil der Bevölkerung bekommt von Corinna selbst gar nicht so viel mit.

Würden nicht fast alle mit einer Maske rumlaufen und gäbe es nicht die auferlegten Restriktionen und Schließungen, hätten wir Corinna vielleicht schon wieder vergessen oder verdrängt, denn es würde nur von denjenigen wahrgenommen werden, die es direkt betrifft.

Was machst Du jetzt mit dieser Information?

Vielleicht hakst Du sie ab mit „Na, so einfach isses jetzt aber auch nicht“ oder Du stimmst ihr zu und nickst „Ja, genauso s ist es“ oder Du sagst „So ein Schwachsinn: Sieht doch jeder, dass wir mit Corinna ein Problem haben, sonst gäbe es ja all die Maßnahmen nicht und nur weil wir die Maßnahmen haben, sind wir (oder die anderen) überhaupt noch am Leben.“

So oder so oder so: Wir versuchen alle Dissonanzen, die durch unseren Umgang mit der Situation entstehen (könnten), zu minimieren.

All das geschieht in unserem Kopf.

All das macht unser Gehirn.

Für all das ist unser Verstand verantwortlich.

Wir bewerten und beurteilen. Wir bilden uns eine Meinung. Wenn etwas dieser Meinung widerspricht, versuchen wir eher, es zu relativieren als dass wir unsere Meinung ändern.

Emotionale Dissonanz

Was passiert aber, wenn das, was wir im Außen wahrnehmen, nicht zu unserem inneren Empfinden passt?

Wenn unser Verstand einfach nicht versteht, dass unser Bauchhirn und unser Herzhirn etwas ganz anderes wahrnehmen, als unser Kopfhirn mit all seinen gespeicherten Erfahrungen und Bewertungen?

Ich bezeichne das als emotionale Dissonanz. Die Fachwelt bezeichnet mit emotionaler Dissonanz z.B. das Vortäuschen eines Lächelns eines Service-Mitarbeiters, obwohl ihm eigentlich zum Heulen zumute wäre. Als Folge von dieser Art der emotionalen Dissonanz können z.B. Burnout, Stress oder Erschöpfung entstehen.

Ich empfinde emotionale Dissonanz dann, wenn ich in meinem Inneren etwas als wahr empfinde, mir das Außen jedoch etwas völlig anderes spiegelt.

Diese Dissonanz, die ich empfinde, kann ich körperlich spüren. Als eine Enge oder ein Brennen in der Brust oder als einen Druck in der Magengegend. Sie lässt mich manchmal wütend werden, gelegentlich trotzig und dann wieder traurig.

Manchmal zeigt sie mir aber auch nur, dass ich ein gutes inneres Gespür für mich selbst, für meinen Körper und mein Inneres Wissen habe.

Ich weiß noch nicht, wie ich letztlich mit diesen momentanen dissonanten Situationen in mir umgehen werde. Ob ich da noch etwas lösen will, darf, werde oder ob ich einfach immer wieder und immer weiter in mich hineinspüre und mich dabei beobachte, wie sich diese Emotionen in meinem Körper bewegen.

Ich bin sehr gespannt, wie das ausgehen wird und was mir mein toller Verstand noch alles so dazu erzählen wird, was ich darf und was ich nicht darf, was ich fühlen soll und was nicht, was ich tun oder besser lassen soll.

Die Zeugin: Ohne Bewertung anwesend sein

Jetzt ist gerade wieder so eine Situation und auch Ostern wird so eine Zeit sein. Ich bin aufgefordert, ohne Bewertung anwesend zu sein. Und wahrscheinlich nicht nur ich, sondern auch viele andere, die dies jetzt lesen.

Für diesen Monat, der am 13. März mit dem Neumond begann, zog ich in den sehr besonderen Rauhnächten die Karte „Die Zeugin“ vom Schamanischen Seelen-Orakel.

„Die Zeugin beobachtet, ohne einzugreifen.“

Dies ist der erste Satz zur Zeugin im begleitenden Buch und meines Erachtens auch die Kernaussage dieser Karte. Die Zeugin ist anwesend, präsent. Sie beobachtet, nimmt zur Kenntnis und bezeugt damit, was geschieht. Sie greift nicht ein und ergreift nicht Partei.

Versuche einmal, Dich nur einen einzigen Tag lang so zu verhalten.

Es ist nicht ganz so einfach, wie sich für mich herausgestellt hat.

Wir werden ständig dazu aufgefordert, uns eine Meinung zu bilden und damit einher geht, dass wir uns für oder gegen etwas entscheiden (sollen). Für oder gegen Masken. Für oder gegen Impfungen. Für oder gegen das Gesetz. Für oder gegen die gängige Meinung. Für oder gegen unser intuitives Wissen…

Die Zeugin tut dies alles nicht. Sie ist einfach zugegen. Sie lässt sich nicht auf eine Seite ziehen. Sie ist auch kein Opfer ihrer (Vor)Urteile, ihrer Ideen, Glaubenssätze oder Gefühle in Bezug auf das, was sie bezeugt.

Sie ist einfach nur da. Sie schaut zu, wie sich die Welt vor ihren Augen entfaltet.

Ich versuche im Moment das gleiche. Mich aus den Alltagsdramen herauszunehmen und alles von einer höheren Warte aus zu betrachten. Mit den liebenden Augen der Quelle auf alles zu schauen, was sich mir darbietet.

Kurzzeitig oder manchmal auch etwas länger gelingt mir dies gar nicht. Dann tauche ich ein in die Gefühle von „Ich will das so nicht“, „Das ist doch alles murks“, „Das stimmt nicht“, „Das ist gelogen“, „Das ist Betrug“, „Das ist Freiheitsberaubung“, „Wenn das stimmt, dann…“ oder auch „Ich halte das nicht mehr aus!“

Alles hat die Bedeutung, die Du ihm gibst

Bisweilen gehe ich ganz hinein in dieses Gefühl und hole mir ein Geschenk ab oder ich atme tief durch und er-innere mich daran, dass alles die Bedeutung hat, die ich ihm gebe.

Dann wird es plötzlich ganz still.

Und ich lausche.

Dem Klang meines Herzens.

Dem Hauch meines Atems.

Und ich spüre wieder meine tiefe Liebe für alle lebendige Schöpfung.

Das ist der Moment, in dem ich nichts mehr muss.

Nicht mehr bewerten. Keine Seite einnehmen. Mir keine Meinung bilden. Nichts tun, nichts sprechen, nichts hören, nichts denken, nichts fühlen.

Nur sein.

Und dann liebe ich. Ganz bewusst. Alles, das ist.

Ich schaue darauf und kann es einfach so sein lassen. Ohne das ganze Kopfkino. Ohne dass mir meine innere Verstandesstimme etwas erklärt. Ohne eine Seite zu wählen.

In diesem Moment wähle ich mich und meine pure Existenz.

Mmmmh.

Dann kann sich alles, das sich vorher in mir zusammenzog, wieder weiten. Dann kann ich mich wieder dem Leben hingeben und eine unermessliche Dankbarkeit erfüllt mich dafür, JETZT HIER zu SEIN.

In Liebe

Sophia Sabine

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P.P.S.: Foto von Victoria Priessnitz

3 Kommentare zu „Die Zeugin: Ohne Bewertung anwesend sein“

  1. Pingback: Der Tempel der Sophia | Segnung, Heilung, Erkenntnis Deines Quellbewusstseins - CREATOR GODDESSES Zeda & Sophia

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